Auch im täglichen Polizeieinsatz wird von LGBTIQ*-Netzwerken profitiert. Zum CSD Hamburg treffen sich die bundesweiten Landesverbände von Velspol, dem Verein lesbischer und schwuler Polizisten, zum Seminar in der Hansestadt. Das Bild der Stadt in den Medien hat sich vor kurzem radikal geändert, und dazu es hat nur wenige Stunden an Gewaltbereitschaft und letztlich Gewalt selbst gebraucht. Vielleicht hat sich dadurch auch das Bild der Polizei geändert? Autos gingen in Flammen auf, Fensterscheiben zerplatzten und Personen kamen zu Schaden; teilweise werden sie mit den Folgen ihr Leben lang zurechtkommen müssen. Und obwohl aus allen politischen Strömungen sehr schnell diverse Schuldzuweisungen zu hören waren, hat sich Velspol bislang nicht daran beteiligt. Das 23. Bundesseminar, das Anfang August in Hamburg stattfindet, wird dies möglicherweise ändern. Doch noch liest man auf der Homepage das Seminarmotto „Was zählt ist der Mensch!“. Das gilt für Polizisten in besonderem Maße, da sie schließlich dem Staat verpflichtet sind und deswegen auch beim G20-Gipfel letztlich alles für die Sicherheit der Stadt und ihrer Bewohner gegeben haben.

Der Polizist Tobias hat in seinen Alltag als schwuler Staatsdiener Einblicke gewährt. Er hatte sich bereits während seiner Ausbildung bei guten Freunden geoutet, doch der Dienst an ihm bis dato fremden Dienststellen war dann doch noch einmal etwas Anderes. Tobias berichtet, dass er sich viele Gedanken über mögliche Reaktionen machte, dann jedoch feststellte, dass es keinen Unterschied macht, homo oder hetero zu sein, und dass man von der Kollegenschaft als Mensch akzeptiert wird, ob nun dienstlich oder privat. Unmittelbar nach der Ausbildung galt es für ihn, die Demonstration des CSD Hamburg zu schützen, und im Rahmen dessen fiel tatsächlich ein möglicherweise nicht ernstgemeinter homophober Kommentar eines Kollegen, was jedoch auch für schockierte Gesichter bei den anderen Kollegen sorgte. Tobias berichtet auch von Einsätzen bei häuslicher Gewalt in schwulen oder lesbischen Beziehungen, im Rahmen dessen sich seine Kollegenschaft stets professionell verhalten hätte. Die Polizei wäre außerdem schon lange nicht mehr der klassische heterosexuell geprägte Männerverein. Tobias sieht in ihr einen Querschnitt der Gesellschaft, was sie gleichzeitig auch offener, moderner und bürgernäher macht, wenn diese Wandlung auch noch nicht so ganz in der LGBTIQ*-Community gesehen wird. Die Dunkelziffer von Beziehungsgewalt in homosexuellen Partnerschaften wäre nach wie vor viel zu hoch.

Im Laufe der Zeit lernte Tobias auch weitere homosexuelle Kolleginnen und Kollegen kennen und knüpfte somit auch den Kontakt zu Velspol, dessen Beitrag und ehrenamtlichen Einsatz er für sehr wichtig hält. Nicht zuletzt deswegen, da die Aktionen des Vereins zur Bekämpfung von Vorurteilen und zur Unterstützung lesbischer und schwuler Polizistinnen und Polizisten beitragen. Velspol wirkt dabei innerhalb aller Kommandoebenen der Polizei, um für LGBTIQ*-Anliegen zu sensibilisieren. So werden beispielsweise Vorträge in den Dienststellen gehalten, Veröffentlichungen in polizeilichen Publikationen gedruckt oder Plakataktionen durchgeführt, außerdem auch zur uniformierten Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen der Regenbogen-Community. Immerhin gehe es auch um die Opfer homophober Gewalt. Vor allem im Rahmen der täglichen Polizeiarbeit profitiert man von den Kooperationen, denn die Opfer gehören zu allen sozialen Schichten. Hier ist es eine große Hilfe, die Arbeit der LGBTIQ*-Netzwerke und deren Denkansätze und Aktionen zu kennen, um Anknüpfungspunkte für Hilfestellungen zu geben. Leider wird die Polizei von den Opfern noch nicht immer als die staatliche Gewalt angesehen, deren erste Aufgabe es ist, gewalttätige Handlungen zu verfolgen und bestenfalls präventiv auf potentielle Täter einzuwirken, um Straftaten zu verhindern und Gefahren abzuwehren. Velspol berichtet hierzu bundesweit von unterschiedlichen Erfahrungen, denn die Arbeit im ländlichen Bereich ist dann doch etwas anders als der Einsatz in der Großstadt. Die jährlich stattfindenden Bundestreffen ermöglichen den entsprechenden Austausch der Kollegenschaft zu diesen Themen und binden auch die Polizei in Österreich und der Schweiz mit ein. Gemeinsam wird ein dreitägiger Workshop absolviert, selbstverständlich der CSD besucht und auch Hamburg selbst näher kennengelernt. Die Hansestadt freut sich über die regenbogenbunten Besucher in Uniform und antwortet auf den Besuch mit Respekt und Anerkennung in Form eines Eröffnungsempfangs im Hamburger Rathaus sowie der Durchführung der Kongressveranstaltungen im Hamburger Polizeipräsidium. Hamburg ist und bleibt eben doch eine weltoffene, tolerante und gastfreundliche Stadt. Daran hat auch der G20-Gipfel nichts geändert.

 

Mehr Information findet ihr unter www.velspol.de